Anna
Bittersohls Malerei ist von einer verrätselten Poesie durchdrungen, ihr
expressiv gestischer Pinselduktus ist geprägt von Überlagerungen und
Durchbrüchen, fragmentarisch liegen figurative Elemente dicht neben
abstrakten Andeutungen von Landschaften oder floralen Elementen. Dabei
ist diese Malweise für die Künstlerin eine Metapher für Erinnerungen und
deren Beständigkeit. Diese sind oft nur bruchstückhaft in Auszügen
zugegen,
werden überlagert von neuen Geschehnissen. Die Protagonisten sind
dementsprechend in einer unklaren Handlung eingebunden oder von
phlegmatischer Abwesenheit geprägt.
Der
Ausstellungstitel "the truce of fragile" (Waffenstillstand der
Zerbrechlichkeit) ist eine ebensolche poetische Annäherung an einen
dialektischen Zustand zwischen Stillstand und der andauernden Wandlung der gegebenen Umstände.
Universelle Fragen unserer Gegenwart kommen auf: Warum sind wir hier?
Was tun wir hier überhaupt? Wer wollen wir gewesen sein? Warum sind wir
in gegebenen Strukturen so sehr gefangen und warum fällt es so schwer
aus diesen auszubrechen? Was geschieht, wenn gewohnte Mechanismen
wegfallen und Unsicherheit um sich greift? Anna Bittersohl überprüft auf
diese Weise den Ist-Zustand! Akzeptiert den Moment der Unsicherheit -
fordert diesen sogar heraus. Sie hat sich gewagt mit frischem Blick, offen und unvoreingenommen
auf die Welt und ihr Werk zu schauen, hat Gewohnheiten hinterfragt, ist aus der Situation der Befangenheit ausgebrochen, hat
neue Begegnungen zugelassen und hat auf diese Weise gänzlich neue Eindrücke gesammelt.
Ungeachtet der Gefahr den
eigenen Erwartungen und der anderer nicht gerecht zu werden, wird "the
truce of fragile" diesem Zustand nachgehen. Im Zuge einer Neuausrichtung
des Galerieraumes werden neben vereinzelten Leinwänden gerade die
großen raumgreifenden Papiercollagen, Filme, Soundarbeiten, Objekte und
Foundobjects die Freiheit zum Ausdruck bringen fragil sein zu dürfen.
Die Künstlerin hat tiefgreifendes Vertrauen in sich und die Welt, sie
legt die Waffen ab, legt die Unsicherheit, die Angst um den Moment des
Scheiterns, beiseite und schenkt sich und uns tiefe Zuversicht für den
Moment des Fragilen, den Moment der Neuausrichtung.