Schon im letzten Jahr realisierte die Galerie Eigenheim eine Ausstellung mit historischer Ausrichtung. Dies soll programmatisch zu einer jährlichen Aufgabe werden. Dabei ist es unter anderem Ziel auf kleinem Raum neue Ansätze kuratorischer Praxis in ein zeitgeistiges Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Gesellschaft zu integrieren. War es im letzten Jahr die Ausstellung Systemisch & Methamorph– 70 Jahre Beuys in Weimar soll sich die Ausstellung in diesem Jahr mit Religion, Kirche und Glauben auseinandersetzen. Anlaß ist das Jubiläum des Thesen-Anschlags von Martin Luther vor 500 Jahren in der Mitte Deutschlands, in Wittenberg im heutigen Thüringen. Unweit von Weimar also, dem ideellen Zuhause der Galerie Eigenheim, ihrer Künstler und Denker, hat ein so weltbewegendes, weltveränderndes Moment stattgefunden, auf dem unser heutiges Verständnis, das des modernen Europas fußt. Es stellt eines der wichtigen Begebenheiten, der Sternstunden der Menschheit, wenn man so möchte dar und ist nicht annähernd in seiner Tragweite und Aktualität zufassen. Wenn man hier an Martin Luther denkt, dann ist er ein Begriff der Reformation, eine Person mit nachvollziehbarem Leben in den Städten Thüringen und Sachsens. Er ist ein Mensch seiner Zeit, der einem inneren Drang, einer inneren Verpflichtung nach handelte und aufklärende Erkenntnisse veröffentlichte – in 95 Thesen. Er riskierte nicht zuletzt als unbequemer Denker, Theologieprofessor, ein anerkanntes und gesichertes Leben als gläubiger Christ im Dienste Gottes. Er war damit nicht nur der theologische Urheber der Reformation, sondern er hat sich gegen Obrigkeiten und Gewohnheiten gestellt, wollte seiner Zeit die Fehlentwicklungen des Christentums und die der Kirche aufzeigen und überwinden. So wurde er Vordenker, wie Vorbild mit Auswirkungen über das Heute hinaus.
Hier versuchen wir zwischen historischen und aktuellen gesellschaftlichen Handlungsmustern parallelen aufzugreifen um die Frage nach Moral und Glauben heute zu stellen. Das der Mensch damals wie heute um Schuld und Sühne ringt ist dabei kein Geheimnis. In Vorbereitung zur Ausstellung fand in den Räumlichkeiten der Galerie eine Tagung statt, zu welcher, mit Theologen und Wirtschaftswissenschaftlern, Philosophen und Künstlern, Übereinstimmungen zwischen dem Glauben an das System der freien Marktwirtschaft, der Rettung der Banken zur Wirtschaftskrise, und den von Martin Luther angeprangerten Ablassbriefhandel der Kirche diskutiert wurden. Als Ergebnis dieser entstand ein Zeitdokument in Form einer Mitschrift der Diskussion als Buch welches zur Eröffnung eingesehen werden kann. Mit freundlicher Unterstützung der Kulturstiftung des Freistaats Thüringen.