Sind wir mal ehrlich – das geheimnisvolle und spannende an der Kunst ist es doch die unter der Oberfläche, der physischen Präsens des einzelnen Werkes, liegende Metaebene des Gesamtkonzeptes des einzelnen Künstlers heraus zu filtern. Die individuelle Sichtweise des Betrachters und das dem Kunstwerk inneliegende Interpretationsangebot entwickeln dabei eine Eigendynamik, die einem intelektuellen Dialog gleicht. Im Gegensatz zu einer Einzelausstellung, werden in einer Gruppenausstellung, wie dieser, nur Auszüge des einzelnen Werkes gezeigt. Die Anzahl der unterschiedlichen Positionen intensivieren diesen angebotenen Dialog. Sub-surface – Unter der Oberfläche – möchte darauf ansprechen und als Metapher für den physischen Aufbau eines Kunstwerkes verstanden werden.
Die Bodeninstallation Münzmeer von Benedikt Braun, bestehend aus 20.000 einzelnen, in transparenten Schachteln verpackten, 1 Cent Stücken steht der Arbeit Schacht von Stefan Schiek gegenüber. Schacht zeigt drei Protagonisten, die durch eine Öffnung der Erdoberfläche in einen dunklen Untergrund blicken. Die Szenerie spielt in einem scheinbaren Mienenumfeld und Gedanken an die ausbeutende Gewinnung von Bodenschätzen und die schwierigen Arbeitsbedingungen der Mienenarbeiter kommen auf. In zwei weiteren Arbeiten Schieks wird das unter der Oberfläche Bestehende zum eigentlichen Bildinhalt. Vielfarbige Streifenbilder, sind von einer transparent monochromen, weißen Farbschicht überzogen und erscheinen so getrübt.
Die Installation The Coming (Out) von Julia Scorna besteht aus einer Fläche bretonischen Sandes über dem eine Industrielampe mit UV-Birne hängt. Das in sich ruhende Minibiotop mit dem vordergründig sozial-gesellschaftlich etablierten Titel verweist hier gleichermaßen auf Energie- und Stoffwechelkreisläufe, sowie auf lokalen Raubbau an der Natur. So kämpft man zum Beispiel in der Betranie gegen das kubikmeterweise Absaugen des Meeresbodensandes zu Bauzwecken. Die hier thematisierte Umweltzerstörung findet in der Fotografie Missing Crabs eine visuelle Ergänzung. Eine Innenansicht eines Aquaterrariums im Jardin des Plantes in Paris zeigt ein durch horizontalen Linien geprägtes Bild: eine Palmenlandschaft mit einem ihr vorgelagerten geologischen Profil. Die Abwesenheit der Krabben stellt die Überlebensfähigkeit in künstlich erschaffenen Biotopen in Frage.
Sommer, Sonne, Strand und Meer sowie hier und da eine PET Flasche, welche im nächsten Augenblick im Meer enden könnte. Diese Szenerie einer Malerei Enrico Freitags stellt ebenso die Frage nach dem Unter der Oberfläche. Die großen Müllinseln der Weltmeere sind von oben kaum zu erkennen, entwickeln sich jedoch in der Tiefe zu einem dichten Netz aus Plastikmüll. Rein formal, die Farbigkeit und das Motiv betreffend, kann dieses Bild nicht unbedingt stellvertretend für das Gesamtwerk Freitags stehen. Jedoch stellt es inhaltlich eine Weiterentwicklung seiner, sein aktuelles Werk prägenden, Müllbilder dar und kann damit als Ausnahmebild gesehen werden.
Die Installation Leak von Moritz Wehrmann besteht aus einer Spüle und einem goldenen Wasserhahn, der Tropft und so Morsezeichen übermittelt. Geheime Botschaften werden an die Oberfläche gesendet und zur öffentlichen Verwendung bereitgestellt. Die Malerei unter dem oben von Martin Mohr spielt mit immateriellen Gedanken- und Vorstellungsräumen, der Kohlefußboden Back to Ground von Konstantin Bayer holt die aus dem Untergrund an die Oberfläche beförderte Kohle in einem künstlerischen Akt zurück in den Boden um deren Verbrennung vorzubeugen.
Die Ausstellung Sub-surface reiht sich damit in die von der Galerie kuratierten Gruppenausstellungen, wie Elements, Spektralreflexion oder Grounding ein. Die Zusammenstellung einzelner Positionen der Hauskünstler zu verschiedenen Themen soll für das Interesse auf das dahinter stehende Gesamtwerk des Künstlers Sorge tragen.
Berlin
07.06.2017 - 26.08.2017SUB_SURFACE unter der Oberfläche – Gruppenausstellung der Künstler der Galerie
Ort EIGENHEIM Berlin
Eröffnung 07.07.2019 um 19 Uhr
Dauer 07.06. – 26.08.2017
beteiligte Künstler_innen
Adam Noack, Julia Scorna, Benedikt Braun, Stefan Schiek, Enrico
Freitag, Moritz Wehrmann, Martin Mohr, Caucasso Lee Jun, Konstantin
Bayer