Die zweite Ausstellung von EIGENHEIM Berlin als offizielles Schaufenster der Bauhaus-Universität Weimar zum Jubiläum 100 Jahre Bauhaus.
Das Ich unterliegt einer Vielzahl von Konzepten und Vorstellungen – sei es in der modernen Philosophie, in der analytischen Psychologie oder in der Soziologie. All diesen Blickwinkeln liegt jedoch die immer gleiche Erkenntnis zugrunde: Das Ich oder Ego kann nur in Bezug auf seine Umwelt betrachtet werden. Dem Ego gegenüber gestellt wird in dieser Ausstellung Eco. Ein Begriff, welcher die Beziehungen von Lebewesen zu ihrer Umwelt beschreibt. Ego vs. Eco untersucht also das Wechselspiel zwischen Mensch und Umwelt.
Klimawandel, Umweltzerstörung und Artensterben? Daran kann ich allein doch nichts ändern! Ein oft herangezogenes Argument, das überdacht werden muss. Denn der Einzelne steht in der Verantwortung gegenüber globalen ökologischen und sozialen Zusammenhängen. Ego vs. Eco ist dabei vor allem in der Netzwelt zu einer Formel avanciert, welche die Ich-Bezogenheit des Menschen gegenüber der Umwelt beschreibt. Wie sensibilisieren wir also den einzelnen Menschen für die Zusammenhänge der Welt? Welche Auswirkungen hat der Mensch auf unser Ökosystem heute? Welche Verantwortung obliegt dem Einzelnen? Wie verbindet er das, was er tut, mit dem, was er weiß? Am Ende steht die Frage: In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?
Eine Frage, die auch am Bauhaus vor hundert Jahren schon eine zentrale Rolle spielte. Heute stehen bei der Suche nach der Antwort jedoch nicht die Nöte der Nachkriegsgesellschaft und Industriealisierung im Mittelpunkt, sondern vermehrt die Notwendigkeit von Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein. Die Ausstellung Ego vs. Eco möchte darauf Bezug nehmen und stellt künstlerische Arbeiten von Studierenden, Alumni, Mitarbeitern und Professoren der Bauhaus-Universität Weimar zusammen, welche sich mit der Verantwortung des Einzelnen gegenüber seiner Umwelt auseinandersetzen. Dabei ist es EIGENHEIM Weimar/Berlin als Schaufenster der Bauhaus-Universität Weimar zum Jubiläum 100 Jahre Bauhaus ein Bedürfnis, die Vielzahl der Lehrbereiche der Universität und den interdisziplinären Ansatz der Lehre abzubilden.
Von bitterernst über poetisch bis sarkastisch reicht dabei das Vokabular. Die Fotografien von Nina Röder zeigen Selbstportraits neben schmelzenden Gletschern aus ihrer im letzten Jahr entstandenen Island-Serie um að hverfa - über das Verschwinden, Kaspar Elias Kimmel zeigt den Tank eines VW Transporters, welcher mithilfe eines Fleischerhakens aufgehängt an ein halbes Rind im Schlachthaus erinnert, Benedikt Braun präsentiert sechzehn Spankingpaddel mit der Aufschrift WELTVERBESSERUNG, die ihr potenzielles Opfer mit Gewalt zum Guten erziehen wollen. Das Kollektiv The Data Driven Objects Project zeigt eine Trommel, welche durch Echtzeit-Daten des unabhängigen Tihange-Doel Radiation Monitoring (TRDM) Projekts gesteuert wird. Das TRDM Netzwerk mißt über verteilte Stationen die Strahlenwerte in der Nähe belgischer Atomkraftwerke - im Normalfall ist dies die (normale) Hintergrundstrahlung. Die Installation wertet die Sensordaten aus und übersetzt sie in Schlagfrequenz und Intensität der Trommelschlegel. Der Trommelwirbel erinnert an die stetige Bedrohung durch einen nuklearen Ernstfall. Das Doggyshake Video von Polly Ost (Fanny Josefine Dehnkamp), zeigt uns auf verstörend-skurrile Weise, wie der aktuelle Trend zur Selbstoptimierung durch gesunde Ernährung ad absurdum geführt werden kann. Die Professur Biotechnologie in der Ressourcenwirtschaft zeigt einen zylindrischen Katalysator, mithilfe dessen getestet wird, unter welchen Bedingungen aus Schweinegülle das meiste Biogas gewonnen werden kann. Dies soll letztendlich dazu dienen, zu erforschen, wie effizient Kleinstkläranlagen für Einfamilienhäuser arbeiten können. Auf diese Weise spannt sich der Bogen von gesamtgesellschaftlich bedrohlichen Kontexten wie der Erderwärmung oder der Grundwasserverschmutzung hin zum ganz persönlichen Infragestellen des eigenen Lebensstandards in der Wohlstandgesellschaft.
mehr zum Rahmenprogramm:
Im Rahmen der Ausstellungen von EIGENHEIM Weimar/Berlin als offizielles Schaufenster der Bauhaus-Universität Weimar zum Jubiläum 100 Jahre Bauhaus thematisieren wir aktuell stattfindende gesellschaftliche Umbruche und zukünfige Herausforderungen. Unser Ziel als Labor, Netzwerkknoten, Kommunikations- & Aktionsraum ist es dabei diese Themen durch ein Rahmenprogramm zu vertiefen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch zu den folgenden Veranstaltungen.
10. – 11.05.2019 – KONVERENZ – Perspektiven des sozial-ökologischen Wandels der Stadtgesellschaft
(Liveübertragung von Programmpunkten der in Weimar stattfindenden Konferenz der Professur für Sozialwissenschaftliche Stadtforschung.)
Ein ›Weiter so‹ gibt es nicht. Ökologische, soziale und kulturelle Krisen machen deutlich, dass Städte, geformt von kapitalistischer Expansion und imperialer Lebensweise, zunehmend an Grenzen stoßen. Gleichzeitig werden die Rufe nach einer großen Transformation lauter.
In diesem Kontext wollen wir mit der Konferenz aktivistische und akademische Perspektiven auf die bereits stattfindenden und gesellschaftlich nötig werdenden Transformationen urbaner Räume und Gesellschaften einnehmen. www.uni-weimar.de
07.06.2019 / 19 Uhr – LECTURE PERFORMANCE – Francis Kamprath – Der Meistergedanke
(Der Meistergedanke - Eine Lecture Performance zur Rolle der Mazdaznan-Lehre in den ersten Jahren des Bauhauses / 60 min)
In einer Lecture Performance gibt Francis Kamprath Einblick in die Lehre der Mazdaznan. Diese um 1900 in den USA gegründete Mischreligion setzt sich aus zarathustrischen, christlichen und auch hinduistischen Elementen zusammen. Im Kern des Vortrags wird der Frage nachgespürt, wie prägend der Einfluss der Lebenskunde in den ersten Jahren des Weimarer Bauhauses war. Denn Johannes Itten hatte als Leiter der Vorkurse zunächst freie Hand in seiner Lehre. Als begeisterter Anhänger der Mazdaznan band er Methodiken wie z. B. vegetarische Ernährung, Meditation, Leibesertüchtigung und Gesang in seine Lehre mit ein, um der Idee des „Neuen Menschen“ nachzukommen. Allerdings spielen die Mazdaznan in heutiger Lektüre zum historischen Bauhaus kaum eine Rolle.
In dieser Gegenerzählung werden unter Einbezug zahlreicher Originalquellen aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert die zugrundeliegenden Ideologien kritisch betrachtet, aber auch einige konkrete Praktiken aufgezeigt und in der Gruppe erprobt. Wir bitten um Anmeldung unter: team@galerie-eigenheim.de // franciskamprath.com/
13.06.2019 / 19 Uhr – PERFORMANCE – Theresa Schubert – milieu #04
(Agar agar, Hefe, Pepton, Glas, menschliche Füße, Mikroben, Stimme, Text)
Die Performance besteht aus einem von der Künstlerin geschriebenen und rezitierten Text, der ortsspezifischen Nutzung von Architektur im Raum, dem Einprägen ihrer nackten Füße in ein präpariertes mikrobiologisches Wachstumsmedium, einem Spaziergang durch Charlottenburg mit bloßen Füßen und schließlich dem Eindrücken dieser Füße auf die andere Seite des Wachstumsuntergrunds.
Wird sich das ihre Mikrobiom vom Umfeld der Umgebung unterscheiden? Selbst die einfachsten Fragen sind die schwierigsten, wenn sie vor dem Hintergrund des Mikrobioms gestellt werden. Nicht nur philosophisch, sondern auch biologisch. Das menschliche Mikrobiom ist ein perfektes Beispiel dafür, wie Biologie und Philosophie zu existentiellen Untersuchungen verschmelzen. theresaschubert.com
22.06.2019 / 19 Uhr – LECTURE PERFORMANCE – Christoph Blankenburg – Rennsteig Flimmern 2
(Lecture Performance zur Videoarbeit „Rennsteig Flimmern 2“ (100 min, Farbe, DCP, 16:9, stereo, 2019) und Musik zur Finissage der Ausstellung)
Die experimentellen Wanderfilme Rennsteig Flimmern I & RennsteigFlimmern II beschäftigen sich mit der kulturellen Verortung des Rennsteigs sowie dem dokumentarischen Eintauchen in das Themengebiet Wald und dessen Stereotypen. Eine künstlerische Annäherung an die “Runst” – dem Abwandern des Rennsteigs — lotet dabei einen neuen Bereich aus. Der Fokus auf dem Performativen untersucht die Grenze zwischen Eingriff und Authentizität. christophblankenburg.blogspot.com