Ein vielseitig und kontrovers diskutiertes Thema, welches Eigenheim Weimar/Berlin damit zum Kern der 3. Galerieedition macht. Ein großes inhaltliches Spielfeld macht sich auf, wobei ein politischer Fokus unverkennbar scheint. Darüber hinaus ist jedoch jeder, genauso wie die beteiligten Künstler, ganz individuell mit Bildern und Emotionen behaftet, sobald dieses Schlagwort im Raum steht. Um dieses offene Verhältnis zu verdeutlichen, um einen uneingeschränkten Gedankenfluss herauszufordern und um einen, über den ersten Impuls hinausgehenden, kreativen Prozess anzustoßen sind dem Schlagwort symbolisch die drei Punkte angehangen. Klar eine Meinung einer Edition mit diesem Thema gegenüber zu äussern ist schnell geschehen. Als Raum für zeitgenössische Kunst und Kommunikation haben wir vielseitige Motivationen uns mit diesem Thema zu beschäftigen. Denn was macht Deutschland aus? Sind es Schiller, Lessing oder Humboldt, Volkswagen, Siemens, oder Heckler und Koch, die Weimarer Republik oder der Fall der Deutschen Mauer?
Maßgeblich für die Auseinandersetzung mit Deutschland ist die Beschäftigung mit der Geschichte der Nation. Bis heute müssen wir diskutieren ob durch das Erstarken nationalistischer Tendenzen und des Rechtspopulismus demokratische Errungenschaften gegenwärtig in Gefahr zu geraten drohen, darüber hinaus jährt sich 2019 die Verkündigung des Grundgesetztes als provisorische Verfassung der alten Bundesrepublik zum 70. Mal und auch die jüngere Deutsch-Deutsche Geschichte, der Fall der Mauer, spielt in vielen Biografien der beteiligten Künstlern eine wichtige Rolle. So ist es nicht verwunderlich das sich Künstler in dieser Mappe mit diesen historischen Kontexten auseinander setzen. So zeigt Philip Topolovac eine, durch die Hitze des brennenden Berlins während des 2. Weltkrieges, geschmolzene Glasflasche oder Das Zentrum für Politische Schönheit die Arbeit Scholl 2017, Johannes Albers Briefmarkenbögen von Gustav Heinemann, welcher der erste Minister des Inneren unter Konrad Adenauer 1949 wurde und Gabriele Stötzer ihr Portrait aus Ihrer Stasiakte.
Darüber hinaus Betrachtet hat Eigenheim Weimar/Berlin seine Wurzeln in Weimar - eine Stadt, welche im nächsten Jahr durchdrungen ist von einem Jubiläum mit internationaler Strahlkraft. 100 Jahre Bauhaus! Uns jedoch interessiert es, in eben diesem Jahr vor dem Jubiläum, eine Ist-Zustands Analyse vorzunehmen. Wir wissen darüber Bescheid, welche gesamtgesellschaftlichen Grundlagen zur Gründung des Bauhauses 1919 geführt haben. Nun jedoch steht so manches mal die Frage im Raum, welche gesellschaftlichen Impulse heute, auf welche Weise, aufgegriffen werden müssen, um die Zukunft, ähnlich innovativ wie das historische Bauhaus, zu gestalten. Aus welchem Pool von neuen Entwicklungen und aktuellem Zeitgeschehen heraus, können wir heute neue Impulse setzen? Ein Zeitdokument zu erstellen, welches das Deutschland von heute portraitiert, war dabei unser Ziel.
Aber natürlich finden sich darüber hinaus vielseitige aktuelle Bezüge in den künstlerischen Auseinandersetzungen mit Deutschland in der 3.Edition von Eigenheim Weimar/Berlin. So zeigt Enrico Freitag ein brennendes Feld inspiriert von denen der diesjährigen Hitzewelle , oder Marc Bijl einen bunten, fast psychodelisch anmutenden, Farbverlauf der aus einer digitalen Verarbeitung eines Bildes einer AFD Demonstration hervorgeht. Ob die Deutschen Humor haben wird eher zynisch hinterfragt. So zeigt Claus Bach eine, die Absurdität massenmedial aufkommender Bildertrends aufgreifende, Serie von Blanking-Selbstportraits oder Mischa Leinkauf die genauso in das Absurde hineingehenden, die deutsche Gründlichkeit dokumentierenden, Hausordnungen von Privat und- Verwaltungsgebäuden. Frederik Foert bringt durch die Arbeit Ein deutsches Triptychon bestehend aus Gelungene Integration nach Andy Warhol, Grahlshüter und Euro 6 Diesel Plakette die drei aktuellen innerdeutschen Diskurse, Integration, Wirtschaft und Umweltpolitik, auf pointierte Weise in die Edition ein. Über dies hinaus sind auch internationale Künstler, die in Deutschland leben, in der Edition vertreten. Sei es Kathryn Gohmert aus Texas, Akinbode Akinbiyi mit britisch-nigerianischem Hintergrund, Gökçen Dilek Acay aus der Türkei oder die gebürtige Israelin Naomi Tereza Salmon. All diese Künstler fragen nach dem Bild Deutschlands aus der Außenperspektive. Naomi Tereza Salmon zeigt die Fotografie eines Oberlichtes aus der alten Weimarhalle, deren äusseres Erscheinungsbild eindeutig das Hakenkreuz zeigt, welches jedoch in Nachkriegszeiten versucht wurde umzugestalten - ein kläglicher Versuch der Geschichtsschreibung und ein möglicher Verweis auf die Israelisch-Deutsche Geschichte. Kathryn Gohmert hat in den letzten Jahren umfangreiche Erfahrungen mit Aufenthaltsgenhmigungen und Visabehörden gemacht. Sie entwickelte für die Edition deshalb ein Brettspiel, welches die Unwegbarkeiten dieses Vorgangs als gemeinsame Erfahrung ermöglicht.
Viele individuelle Geschichten machen die Edition aus und interessante Blickwinkel auf Deutschland werden ermöglicht. Wir freuen uns deshalb die 3., wieder aufwendig in einer leinengebundenen Box zusammengestellte, Edition in der Auflage von 12, im Format A3 und unter Beteiligung von 28 Künstlern zu präsentieren. Aufwendig produzierte Druckgrafiken von Künstlern wie Ulrike Theusner, Berit Mücke oder Heike Stephan, zum Teil mehrteilige fotografische Arbeiten von Akinbode Akinbiyi, Nina Röder, Christian Werner oder Claus Bach, malerische Werke mit unikatcharakter von Marc Jung oder Anna Bittersohl, konzeptuelle Arbeiten aus den Bereichen Theater, Sound und Videokunst vom Zentrum für Politische Schönheit, Gökçen Dilek Acay sowie Timo Herbst und Marcus Nebe. Ein vielseitige Zusammenstellung, welche auf kleinstem Raum den unterschiedlichen gegenwärtigen Kunstrichtungen ein Forum gibt. Darüber hinaus wird die Edition in diesem Jahr in zwei Ausstellungen im Eigenheim Weimar sowie im Eigenheim Berlin präsentiert. Hierbei werden von einzelnen Künstlern ergänzende Arbeiten zu sehen sein. Umfangreiche Videoinstallationen, großformatige Malerei und Auszüge aus umfangreichen Fotografieserien.
Berlin
26.10.2018 - 21.12.2018DEUTSCHLAND – die 3. Edition von Eigenheim Weimar/Berlin
Ort Eigenheim Berlin, Kantstr. 28 in 10623 Berlin
Eröffnung 26.10.2018 um 19 Uhr
Dauer 27.10. – 21.12.2018
beteiligte Künstler Gökçen Dilek Acay / Akinbode
Akinbiyi / Johannes Albers / Claus Bach / Konstantin Bayer / Marc Bijl /
Anna Bittersohl / Benedikt Braun / Frederik Foert / Enrico Freitag /
Kathryn Gohmert / Rayk Goetze / Marc Jung / Mischa Leinkauf / Berit
Mücke / Timo Herbst und Marcus Nebe / Adam Noack / Nina Röder / Naomi
Tereza Salmon / Anna Schimkat / Heike Stephan / Zentrum für Politische
Schönheit / Julia Scorna / Gabriele Stötzer / Ulrike Theusner / Philip
Topolovac / Christian Werner / Reinhard Zabka